
Offener Brief an Herrn Felix Banaszak (MdB)

Lieber Herr Kollege Banaszak,
Ihre Stellungnahme zum Thema „Liebe zu Deutschland“ bei Ihrem ARD-Interview hat mich einerseits erstaunt und andererseits sehr nachdenklich gemacht. Als jemand, der als politischer Flüchtling nach Deutschland gekommen ist und die humanitäre Leistung der Bundesrepublik Deutschland selbst erfahren und in Anspruch genommen hat, kann ich nicht ganz nachvollziehen, wie man als Demokrat dieses Land nicht lieben kann.
Dank Artikel 16 des Grundgesetzes habe ich in Deutschland politischen Schutz erhalten und konnte mich frei entfalten. Seit wenigen Monaten darf ich sogar im Herzen der deutschen Demokratie – im Bundestag – die deutsche Politik mitgestalten.
Ich habe versucht, mich in Ihre Sichtweise zu versetzen, um zu verstehen, warum Sie doch eine Liebe zu Duisburg empfinden können, aber nicht zu Deutschland, und warum Sie Deutschland als abstraktes Objekt betrachten. Ich denke, dass die Last des Verbrechens des Nationalsozialismus dazu beigetragen hat, dass die Nachfolgegenerationen sich nicht klar zu Deutschland bekennen können. Das unfassbare Verbrechen in den 30er- und 40er-Jahren des letzten Jahrhunderts stellte auch bei mir lange eine geistige Mauer zwischen mir und Deutschland dar, bis ich diesen Knoten endlich lösen konnte.
Es ist richtig, sich als Gesellschaft mit dieser dunklen Zeit auseinanderzusetzen und daraus Lehren zu ziehen. Ich kenne aber kein anderes Land in der Welt, das sich so konsequent mit seiner eigenen Vergangenheit auseinandergesetzt hat wie Deutschland. Die Bundesrepublik hat die richtigen Konsequenzen aus dieser Zeit gezogen: Sie lehnt Rassismus und Antisemitismus entschieden ab und bekennt sich uneingeschränkt zum Rechtsstaat und zur Demokratie. Die bundesrepublikanische Geschichte ist geprägt von zivilisatorischen Errungenschaften.
Die Konsequenz aus dem nationalsozialistischen Verbrechen darf nicht eine Ablehnung der Liebe zu Deutschland sein. Im Gegenteil: Die Bundesrepublik ist wie ein Phönix aus der Asche des Zweiten Weltkriegs gestiegen und steht klar zu den ethischen Werten der Moderne.
Ich hoffe, dass Sie als Vorsitzender einer demokratischen Partei, die politische Verantwortung übernimmt, eine ähnliche Wertschätzung und Liebe für Deutschland entwickeln. Denn nur so können Sie sich mit vollem Engagement für unser Land einsetzen.
Ich sehe es als entscheidend an, sich mit diesem Thema intensiv auseinanderzusetzen. Denn aus einer ablehnenden Haltung heraus bleibt immer ein Schuldgefühl, das u.a. zu einer sozial-romantischen Flüchtlingspolitik führt, die die Notwendigkeit einer Steuerung und klaren Begrenzung der Zuwanderung verkennt. Die Überwindung der bevorstehenden Aufgaben Deutschlands ist nur möglich, wenn wir durch Liebe zu Deutschland motiviert sind und von gemeinschaftlichen Leitgedanken getragen werden. Das Wohl dieses Landes muss unsere höchste Aufgabe sein.
Ich liebe Deutschland und bin überzeugt, dass ein Land, dessen Verfassung mit dem großartigen Satz „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ beginnt, diese Liebe wirklich verdient.
Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Reza Asghari